Kommunikation
Rolle des pädagogischen Personals in der Kita

Erzieherin mit Junge beim Mittagsessen

©StMELF

Mahlzeit ist ein Prozess, der viele Chancen bietet. Gesundheitsförderliche Ernährung soll für Kinder erfahrbar und das gemeinsame Essen zu einem Wohlfühlerlebnis werden. Im Rahmen von Mahlzeiten sollen zudem Sozial- und Alltagskompetenzen entwickelt und Essgewohnheiten gefestigt werden. Das gemeinsame Kita-Essen bietet dementsprechend ein weites Feld, um Kinder beim Erlernen von grundlegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten zu unterstützen und den Bildungsauftrag zu erfüllen.

Vorbild, Motivationsgeber und Begleitung

So vielfältig die Lernbereiche, so vielfältig sind auch die Anforderungen an das pädagogische Personal. Neben fachlicher Kompetenz muss dieses zudem die Fähigkeit besitzen, das eigene Handeln zu reflektieren und einen Blick auf die persönliche Essbiographie zu werfen. Im Rahmen der Mittagsmahlzeit sind Pädagogen Vorbild, Motivationsgeber und Begleitung zugleich.
  • Seien Sie sich Ihrer Vorbildfunktion bewusst, Kinder lernen am Modell. Sie imitieren das Verhalten der Personen in ihrer Umgebung
  • Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, z.B. Naschen von Obst bei den Zwischenmahlzeiten
  • Essen Sie gemeinsam mit den Kindern („Pädagogischer Happen“)
  • Denken Sie daran, dass Lebensmittel keine Erziehungsmittel sind - Belohnen oder Bestrafen Sie nicht mit Essen
  • Achten Sie auf Ihre Wortwahl (und Ihre Gestik/Mimik), wenn Sie über Lebensmittel, z.B. Obst und Gemüse reden („Grünzeug“ oder „für Hasen“). Der Caterer oder die Küchenkraft kann noch so gut kochen, wenn Sie die Nase rümpfen, fragt sich das Kind dann, warum es das Gericht überhaupt essen soll. Also bedenken Sie: Kinder bekommen mehr mit als Sie denken
  • Sehen Sie Essen als Bildungsbereich und nicht als lästige Alltagssituation
  • Geben Sie Hilfestellung im Umgang mit Besteck und beim Schöpfen des Essens auf den Teller, unterstützen Sie aber die Eigenständigkeit des Kindes dabei. Es ist wichtig, dass sich die Selbstwirksamkeit der Kinder entfalten kann
  • Begleiten Sie geduldig den Prozess des Essenlernens – je entspannter die Essenssituation, desto größer sind der Genuss und die Freude am Essen

Probieren geht über Studieren

Durch Ausprobieren kann man Erfahrungen sammeln, die mehr wert sind als das reine theoretische Wissen. Kinder können durch das Probieren neuer Lebensmittel Geschmackserfahrungen sammeln und lernen, was ihnen schmeckt und was nicht. Aber: Es muss nichts probiert werden! Druckaufbau kann die Bereitschaft, Neues zu probieren enorm einschränken und die sogenannte „Neophobie“ (Angst vor unbekannten Speisen) fördern. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder nicht zum Essen gezwungen werden. Stattdessen kann man dazu auffordern, ein kleines bisschen zu probieren. Ein „Nein“ ist jedoch ein „Nein“ und sollte respektiert werden. Auch hier spielt der Vorbildcharakter eine große Rolle. Kinder können durch positive Kommentare „Hm, das schmeckt lecker“ dazu motiviert werden, sich an unbekannte Lebensmittel heranzutrauen.

Esskultur und Tischsitten

Aufgabe des pädagogischen Personals ist zudem die Begleitung und Aktivierung vielfältiger Lernprozesse im Hinblick auf die Ess- und Tischkultur sowie die Vermittlung von Werten (Anstands- und Werteregeln). Zu den Tischsitten, Regeln und Ritualen in Deutschland zählen beispielsweise:
  • Das Eindecken, Abräumen und Reinigen des Tisches
  • Das Essen mit Messer, Gabel und Löffel
  • Das Benutzen einer Serviette
  • Das Anwenden von Ritualen z.B. Tischsprüche oder -gebete
  • Das Vermeiden von lauten Essgeräuschen (Schmatzen, Schlürfen, mit vollem Mund sprechen etc.)
  • Das gemeinsame Anfangen und Beenden einer Mahlzeit

Aber: Verschiedene Esskulturen bedingen unterschiedliche Gebräuche, Regeln, Rituale und Tischsitten. Die jeweiligen familiären Essgewohnheiten und kulturellen Hintergründe sollten dementsprechend berücksichtigt werden.

Auch die Besonderheiten in der Krippe sollten Beachtung finden. Kinder dürfen hier die Speisen auch mit der Hand essen, da sie in dieser frühen Entwicklungsphase im wahrsten Sinne des Wortes „Be“-Greifen müssen, um begreifen zu können. Zudem ist das kurzfristige Ausspucken und wieder in den Mund nehmen an dieser Stelle erlaubt, denn Kinder müssen sich sinnlich annähern dürfen. Gerade hier ist es wichtig, dass Pädagogen diesen Prozess einfühlsam und ohne Strenge begleiten.

Ernährungsbildung

Über die gemeinsame Mahlzeit hinaus können Pädagogen zudem Projekte zum Thema Ernährung anstoßen, die es den Kindern ermöglichen, sich spielerisch mit Fragen rund ums Essen zu beschäftigen.
  • Möglichkeiten zum Reflektieren und Einüben von Tischsitten und -ritualen schaffen, z.B. durch das gemeinsame Formulieren und bildliche Festhalten von Tischregeln
  • Einführung von Thementagen, z.B. „Internationale Tage“, „Nobel-Tage“, „Rittertage“ etc.
  • Mottowochen, z.B. „Rund um die Kartoffel“, „Veggie-Woche“ etc.
  • Aktionen und Wettbewerbe, z.B. Tage der Kitaverpflegung, Ökokids-Wettbewerb
  • Garten in der Kita, z.B. Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern
  • Bauernhof erleben
  • Gemeinsame Koch- und Backaktionen
  • Supermarkt- oder Wochenmarktbesuche
  • Vorlese-, Bastel- und Malaktionen, z.B. Kreativworkshop „Bilder-Speiseplan“

Fazit

Grundsätzlich gilt: Erziehungs- und Lernziele zum Thema Essen lassen sich in der Kita nicht über starre Regelwerke erreichen – schließlich soll die Freude an der gemeinsamen Mahlzeit nicht verloren gehen.

Stand: November 2023

Literatur

Hoch, V. (2015): Die kindorientierte Gestaltung von Essenssituationen. www.kita-fachtexte.de , letzter Zugriff am 24.11.2023

Höhn, K. (2017): Essen bildet! Mahlzeiten als Lernsettings entdecken, Freiburg

Methfessel B., Höhn K., Miltner-Jürgensen B. (2016): Essen und Ernährungsbildung in der Kita, Stuttgart